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Bottom-Up-Ansatz – Innvoative KI-Use-Cases aus den Fachbereichen

Bottom-Up-Ansatz statt Blockade: Beim Bottom-Up-Ansatz identifizieren Mitarbeitende selbstständig KI-Use-Cases und treiben die Entwicklung von vielversprechenden KI-Lösungen voran. Das steigert die Motivation und das Engagement, fördert innovative Ideen und schafft eine höhere Akzeptanz für KI im Unternehmen. Von Proof-of-Concepts (PoC) zu Minimum Viable Product (MVP) - praxisnah, schnell und regelkonform zu wirksamen KI-Anwendungsfälle im Alltag.

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Warum KI-Use-Cases die Akzeptanz treiben

Im Bottom-Up-Ansatz der KI-Governance steht der Geschäftswert als zentraler Treiber im Vordergrund. Anders als beim Top-Down-Ansatz, bei dem Governance-Strukturen und Vorgaben von oben gesetzt werden, werden hier Innovation und Governance evolutionär und praxisnah gemeinsam entwickelt.

Dieser Ansatz setzt darauf, die Kreativität und das Know-how der Fachbereiche zu nutzen: Mitarbeitende identifizieren selbstständig vielversprechende Anwendungsfälle und treiben die Entwicklung von KI-Lösungen voran. Das steigert die Motivation und das Engagement, fördert innovative Ideen und schafft eine höhere Akzeptanz für KI im Unternehmen.

In der Praxis beginnt der Bottom-Up-Ansatz mit der Identifikation und Priorisierung von konkreten Use Cases – oft anhand von Geschäftschancen, Effizienzsteigerungen oder neuen Serviceangeboten. Die enge Einbindung der operativen Teams sorgt dafür, dass die entwickelten Lösungen tatsächlich auf reale Bedürfnisse im Unternehmensalltag abgestimmt sind.

Nach der Ideenfindung folgt typischerweise die Phase des Proof-of-Concepts (PoC), in der technische Machbarkeit und Nutzen im kleinen Rahmen überprüft werden. Führt der PoC zu vielversprechenden Ergebnissen, wird daraus ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt, das unter realen Bedingungen eingesetzt und iterativ verbessert wird.

Ein zentraler Aspekt im Bottom-Up-Modell ist die strategische Entscheidung zwischen „Make or Buy“: Unternehmen müssen bewerten, ob sie benötigte KI-Kompetenzen und -Lösungen selbst aufbauen, oder externe Produkte und Dienstleistungen zukaufen wollen. Die Entscheidung fällt dabei häufig anhand von Faktoren wie Internen Ressourcen, Zeitaufwand, Schutz des eigenen Know-hows und regulatorischen Anforderungen.

KI-Use-Cases, Bottom-Up-Ansatz

Minimale Standards, maximaler Fortschritt

Durch diesen Use-Case-zentrierten Lebenszyklus entsteht ein Governance-Modell, das sich flexibel und bedarfsgerecht weiterentwickelt. Gleichzeitig bleiben die Fachbereiche nah am Produktivbetrieb, erkennen frühzeitig Risiken oder Anpassungsbedarf und können pragmatisch auf neue Anforderungen reagieren.

Der Bottom-Up-Ansatz ist damit gerade in innovationsgetriebenen Unternehmen sowie in Feldern mit schnellen Marktveränderungen besonders wertvoll, da er Geschwindigkeit, Kreativität und Praxisnähe miteinander kombiniert.

Im Bottom-Up-Ansatz der KI-Governance entsteht Steuerung nicht durch abstrakte Vorgaben, sondern entwickelt sich organisch aus der Praxis heraus. Jeder erfolgreiche Anwendungsfall liefert wertvolle Erkenntnisse, die schrittweise in wiederverwendbare Strukturen überführt werden: Aus einzelnen Projektdokumentationen entstehen standardisierte Use-Case-Steckbriefe oder Modellkarten. Ad-hoc-Methoden werden zunächst zu internen Leitfäden und schließlich – bei wiederholtem Bedarf – zu verbindlichen Policies. Dieses inkrementelle Vorgehen gleicht einem evolutionären Baukasten, bei dem Standards nicht im Voraus umfassend definiert, sondern dort etabliert werden, wo operative Erfahrung und reale Herausforderungen ihre Notwendigkeit belegen.

Das Ergebnis ist ein Governance-Modell mit hoher Akzeptanz, da es nicht von oben verordnet, sondern aus konkreten Bedürfnissen heraus entwickelt wurde.

Der strategische Vorteil dieses Ansatzes liegt in der Verbindung von Agilität und Praxisnähe. Governance wird nicht als hinderlicher Vorlauf wahrgenommen, sondern als lernender Begleiter des Innovationsprozesses. Unternehmen können schnell erste Mehrwerte liefern, da Ressourcen gezielt dort eingesetzt werden, wo sie unmittelbar benötigt werden – ohne den Aufwand, für jede Eventualität vorab Strukturen zu schaffen. Der kontinuierliche Einbezug der Fachbereiche sorgt dafür, dass Feedback aus dem realen Einsatz direkt in die entstehenden Standards einfließt, wodurch diese praxisnah und bedarfsgerecht bleiben.

Gleichzeitig fördert dieser Ansatz eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur: Mitarbeitende erleben, dass KI-Projekte nicht in der Konzeptphase stecken bleiben, sondern konkrete Ergebnisse im Arbeitsalltag liefern. So verbindet der Bottom-Up-Ansatz Geschwindigkeit, Kostenbewusstsein und organisatorisches Lernen zu einem Governance-Modell, das dynamisch mit den Anforderungen des Unternehmens wächst.

Risiken ohne Flickenteppich managen

Ein zentraler Risikofaktor bei der Implementierung einer Bottom-Up-KI-Governance ist der sogenannte „Governance-Flickenteppich“. Ohne einheitliche Standards und klar definierte Prozesse können isolierte Initiativen und unterschiedliche Vorgehensweisen in einzelnen Fachbereichen zu Inkonsistenzen und Schwachstellen in der Gesamtkontrolle führen. Dies birgt verdeckte Compliance-Risiken, insbesondere wenn gesetzliche Anforderungen oder regulatorische Vorgaben nicht durchgängig und systematisch berücksichtigt werden.

Zusätzlich erschweren Skalierungsprobleme die Umsetzung: Während kleinere Institute mit dem Bottom-Up-Ansatz oft gut agieren können, stoßen größere Organisationen häufig auf Herausforderungen bei der einheitlichen Orchestrierung und Konsolidierung der einzelnen Initiativen. Die Risikokonsolidierung wird dadurch komplexer, da Risikoexpositionen über verschiedene Use Cases und Geschäftsbereiche verteilt sind und ohne zentrales Monitoring leicht übersehen werden können.

Daher eignet sich der Bottom-Up-Ansatz besonders für kleinere und mittelgroße Unternehmen sowie für Organisationen mit einer dynamischen und innovationsgetriebenen Unternehmenskultur.

In großen Organisationen mit komplexen regulatorischen Anforderungen und umfangreicher Struktur stößt dieses Modell jedoch schnell an seine Grenzen. Dort droht die Entstehung eines schwer kontrollierbaren Flickenteppichs, der die Rechtssicherheit und das Vertrauen der Aufsichtsbehörden gefährden kann.

Ein sorgfältiger Abgleich zwischen Unternehmensgröße, Komplexität und Regulierungsdichte mit dem gewählten Governance-Modell ist daher unerlässlich. Zwar kann der Bottom-Up-Ansatz wertvolle Impulse für die Umsetzung von KI-Projekten – von Proof-of-Concepts über Minimum Viable Products bis hin zur produktiven Nutzung in einer „KI Factory“ – liefern, doch sollte er in größeren Kontexten durch ergänzende Top-Down-Strukturen flankiert werden.

Dieser differenzierte Blick trägt der Realität Rechnung, dass kleinere Institute mit Bottom-Up-Ansätzen durchaus erfolgreich KI-Innovationen skalieren können, während größere Organisationen auf stärkere regulatorische und organisatorische Steuerungsmechanismen angewiesen sind, um Risiken zu managen und Compliance sicherzustellen. Möglichkeiten zur Sensibilisierung und Qualifizierung, etwa durch gezielte Awareness-Sessions oder Schulungen zur KI-Datensicherheit, können dabei helfen, Compliance-Risiken zu minimieren und die Akzeptanz für Governance-Strukturen nachhaltig zu fördern.

Fazit

Insgesamt zeigt sich: Eine Bottom-Up-Governance kann ein kraftvoller Innovationsmotor sein – ihre Eignung und Wirksamkeit hängen jedoch maßgeblich von der Unternehmensgröße, der Komplexität der KI-Anwendungen und den regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Ein klarer, gemeinsamer Rahmen sowie ergänzende Kontrollmechanismen bleiben unverzichtbar, um sowohl nachhaltigen Geschäftserfolg als auch regulatorische Konformität sicherzustellen.

Lisa Weinert

Lisa Weinert

ist als Managerin im Bereich Business Development AI bei der msg for banking tätig. Sie berät Banken und Finanzdienstleister in regulatorischen und prozessualen Fragestellungen rund um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Im Fokus ihrer Arbeit steht die sichere und regelkonforme Integration innovativer Technologien in bestehende Strukturen. Besonders wichtig ist ihr dabei, Automatisierung und KI nicht als Selbstzweck zu verstehen, sondern als konkrete Hebel zur Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung im Bankenumfeld.

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