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Geplante Erleichterungen der MaRisk von Wertpapierinstituten

Am 6. August 2025 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Entwurf ihres neuen Rundschreibens „Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Wertpapierinstituten“ (WpI MaRisk) zur Konsultation. Mit dem Entwurf der WpI MaRisk konkretisiert die BaFin nun die Vorgaben des Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) und schafft somit einen eigenständigen und auf Proportionalität basierenden aufsichtlichen Rahmen für Wertpapierinstitute.

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WpI MaRisk

Bis zum Inkrafttreten des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) im Juni 2021 unterlagen Wertpapierinstitute den Vorgaben des KWG. Entsprechend galten für sie bis dahin auch die klassischen MaRisk, die auch nach dem Inkrafttreten des WpIG zunächst weiter anzuwenden sind. Die Vorgaben der klassischen MaRisk, ausgelegt auf Kreditinstitute, waren oft zu umfangreich in Anbetracht der Besonderheiten und geringeren Komplexität von Wertpapierinstituten. Mit dem Entwurf der WpI MaRisk konkretisiert die BaFin nun die Vorgaben des WpIG und schafft einen proportionalen und eigenständigen Aufsichtsrahmen für kleine und mittlere Wertpapierinstitute.

Die BaFin möchte ihre bisherige Aufsichtspraxis, soweit es sinnvoll und rechtlich geboten ist, weiterführen und hat die WpI MaRisk in Struktur und Inhalt an die MaRisk für Banken angelehnt. Die neuen WpI MaRisk richten sich nun explizit an kleine und mittlere Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Abs. 16 und 17 WpIG. Große Wertpapierinstitute im Sinne des § 2 Abs. 18 WpIG unterliegen weiterhin dem aufsichtsrechtlichen Rahmen des KWG und damit der klassischen MaRisk.

Die Konsultationsphase endet am 19. September 2025. Das Inkrafttreten wird für Ende 2025 erwartet.

In diesem Beitrag werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst und die Chancen und Herausforderungen, die sich aus den aufsichtsrechtlichen Änderungen für kleine und mittlere Wertpapierinstitute ergeben, beleuchtet.

Prinzip der doppelten Proportionalität

Die WpI MaRisk folgen dem Grundsatz der doppelten Proportionalität. Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen sind abgestuft zum einen nach der Größe des Instituts sowie zum anderen nach der Art, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit des Instituts.

In Folge der ersten Abstufung unterscheiden sich die Anforderungen abhängig von der Größe des Wertpapierinstituts, beispielsweise in Bezug auf die Kapitalplanung, die Auslagerungskontrolle, die Funktionstrennung, oder auch die interne Revision. Darüber hinaus wird innerhalb der Größenklassen weiter differenziert, abhängig von der Komplexität der Geschäftsstruktur: Wertpapierinstitute mit einer weniger komplexen Geschäftsstruktur können Prozesse stärker vereinfachen, bei komplexeren Wertpapierinstituten oder besonderer Risiko Exponierung hingegen werden stärkere Kontrollen und detailliertere Verfahren gefordert.

Das heißt konkret:

Kleinere und risikoärmere Institute erhalten mehr Flexibilität, die Anforderungen müssen weniger umfangreich umgesetzt werden.

Wesentliche Regelungen zu Risikostrategie, Risikosteuerung und Risikoberichterstattung

Die WpI MaRisk fordern die regelmäßige Durchführung einer umfassenden Risikoinventur zur Identifikation, der institutsindividuellen Bewertung und der Klassifikation potenzieller Risken. Die Risikoeinstufung folgt dem Vorgehen der Delegierten Verordnung (EU) 2023/1668.

Mittlere Institute sind hierbei mit einer höheren Formalisierungspflicht konfrontiert – die angewandte Methodik, getroffene Annahmen und Ergebnisse der Risikoeinstufung sind zu dokumentieren und regelmäßig zu überprüfen. Insbesondere sind auch ESG-Risiken explizit in die Risikoanalyse mit einzubeziehen, unabhängig ob sie sich mittelbar oder unmittelbar auf das Wertpapierinstitut auswirken. Die Art und der Umfang der Risikoberichterstattung sollen sich an der Größe und dem Risikoprofil des Instituts orientieren.

Kleine Institute erhalten die Möglichkeit, vereinfachte Verfahren zu nutzen. Dabei ist zu beachten, dass die Identifikation und Steuerung wesentlicher Risiken nachvollziehbar und prüfbar bleiben.

Risikotragfähigkeit und Kapitalplanung – weitreichende Regelungen für mittlere Wertpapierinstitute

Für mittlere Wertpapierinstitute besteht die Anforderung ein Verfahren zur Ermittlung der Risikotragfähigkeit zu implementieren. Dieses Verfahren soll gewährleisten, dass sämtliche wesentlichen Risiken quantifiziert und dem vorhandenen Kapital gegenübergestellt werden. In die Risikotragfähigkeit sind insbesondere operationelle Risiken, Markt-, Kredit- sowie ESG-Risiken einzubeziehen. Als Grundlage dient das Gesamtrisikoprofil des Wertpapierinstituts.

Mittlere Wertpapierinstitute sind verpflichtet eine vorausschauende Kapitalplanung, aufbauend auf der Risikotragfähigkeit, durchzuführen. Die Kapitalplanung hat für eine normative und ökonomische Perspektive, einschließlich adverser Stressszenarien, zu erfolgen. Von kleinen Wertpapierinstituten wird gefordert, dass sie ein qualitatives Verständnis für mögliche Kapitalbedarfe entwickeln und dieses in ihren strategischen Überlegungen berücksichtigen. Sie sind somit von der quantitativen Kapitalplanungspflicht überwiegend ausgenommen. Kleine Wertpapierinstitute können konservative und vereinfachte Stresstests entwickeln.

Zentrale Funktionen und Funktionstrennung bieten Erleichterungen

Grundsätzlich wird die Einrichtung von drei zentralen Kontrollfunktionen verlangt. Dies sind die Risikomanagement-Funktion, die Compliance-Funktion sowie die Interne Revision. Die Verantwortung für Einrichtung, Steuerung und Überwachung dieser Funktionen liegt bei der Geschäftsleitung. Sie hat die Wirksamkeit dieser zentralen Funktionen regelmäßig zu evaluieren.

Jedoch kann die Interne Revision bei kleinen Wertpapierinstituten ganz entfallen, wenn aufgrund der Art und des Umfangs des Geschäftsbetriebes die Einrichtung der Internen Revision unverhältnismäßig wäre. In diesem Falle ist ein angemessenes Alternativkonzept zur Überwachung (z. B. regelmäßige externe Prüfungen) zu etablieren.

Die Unabhängigkeit der zentralen Funktionen sowie eine verbindliche und vollständige Funktionstrennung bis zur Geschäftsleitung ist sicherzustellen. Auch hier sind Erleichterungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. In kleinen Wertpapierinstituten ist eine Personalunion unter bestimmten Bedingungen erlaubt, beispielsweise wenn einzelne Funktionen von Mitgliedern der Geschäftsleitung übernommen werden. Voraussetzung hierbei ist, dass die Funktionsfähigkeit der Kontrolle und eine objektive Wahrnehmung der Aufgaben gewährleistet ist.

Auslagerungen (Outsourcing) – vereinfachter und weniger umfassend

Outsourcing fällt unter die besonders überwachungspflichtigen Prozesse im Risikomanagement von Wertpapierinstituten. Entsprechend wird eine eigenständige Beurteilung jeglicher Form der Auslagerung (vollständig, teilweise, an verbundene Unternehmen oder externe Dritte) gefordert. Vergleichsweise sind die Anforderungen für Wertpapierinstitute jedoch weniger aufwändig, da die EBA-Leitlinien zum Outsourcing (EBA/GL/2019/02) nur eingeschränkt in die WpI MaRisk übernommen wurden.

Wesentliche Grundprinzipien sind jedoch zu erfüllen, etwa die Risikoprüfung vor jeder Auslagerung, das Erfordernis klarer vertraglicher Mindestanforderungen sowie die Führung eines Auslagerungsregisters. Auch ist eine zentrale Stelle für Auslagerungen zu schaffen, bei Auslagerung ins Ausland oder der Nutzung von Cloud-Diensten unterliegen strengeren Vorgaben (z.B. in Bezug auf Zugriff, Datentransparenz, oder aufsichtsrechtlichen Prüfzugriff).

Kleine Wertpapierinstitute erhalten die Möglichkeit, vereinfachte Verfahren bei nicht wesentlichen Auslagerungen anzuwenden.

Fazit: Proportionalität ermöglicht Chancen, die genutzt werden sollten

Im Kontext der strategischen Ziele der BaFin (u.a. Komplexitätsabbau und Proportionalität) kann der Entwurf der WpI MaRisk insgesamt als logischer Schritt hin zu einer einfachen, risikobasierten und praxisgerechten Regulatorik eingeordnet werden. Prinzipienbasiert geben die WpI MaRisk einen flexiblen und verhältnismäßigen Rahmen für die Ausgestaltung der Geschäftsorganisation und des Risikomanagements bei kleinen und mittleren Wertpapierinstituten vor. Es soll zwar ein hohes Schutzniveau für Kunden und Marktteilnehmer gewährleistet bleiben, Überregulierung jedoch vermieden werden.

Insbesondere für kleine Wertpapierinstitute ergeben sich aus dem Entwurf der WpI MaRisk Erleichterungen und mehr Flexibilität gegenüber den bisherigen Anforderungen, insbesondere mit Blick auf die Organisationsstruktur (Abweichung von der vollständiger Funktionstrennung, dem möglichen Verzicht auf eine Interne Revision), die Risikotragfähigkeit und Kapitalplanung, sowie Stresstests.

Als langjähriger, verlässlicher Partner der Finanzmarktteilnehmer unterstützen wir aktiv unsere Kunden dabei, diese Potentiale zu identifizieren, gezielt zu nutzen und nachhaltig in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren.  Es gilt die Möglichkeiten auszuschöpfen, mit schlankeren Strukturen operativ optimiert zu agieren und dennoch die neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Für mittlere Wertpapierinstitute ergeben sich weitreichendere Pflichten, insbesondere bei der Risikotragfähigkeit und der Kapitalplanung oder der Risikoberichterstattung.

Die Regulatorik räumt Vereinfachungen ein, diese sollten auch genutzt werden.

Wertpapierinstitute sollten ihre Risikomanagementsysteme, Organisationsstruktur und Governance analysieren und überprüfen, inwieweit die (vereinfachten) Anforderungen an beispielsweise zentrale Funktionen, Risikotragfähigkeit, Auslagerungen oder auch die Einbindung von ESG-Risiken und Ausgestaltung von Stresstests erfüllt oder gar übererfüllt sind. Die möglichen Vereinfachungs- und Optimierungspotenziale sollten strategisch und effizient genutzt werden.

Quelle
Xenia Pfeifer

Xenia Pfeifer

ist Master in Economics und bei msg for banking in der Beratung von Kreditinstituten in Projekten zu den Themen Bank- und Risikosteuerung tätig. Sie verfügt über langjährige Berufserfahrung im Treasury von Banken mit dem Fokus auf Asset Liability Management.

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